Am 3. Oktober 2012 hat IBM insgesamt 120 Produktneuheiten vorgestellt. Zu Unrecht im Schatten von Power7+ und neuen Plattenspeichern stand eine echte Innovation: Das Bandlaufwerk TS1060. Immerhin ist es das erste Gerät, das den Ende August verabschiedeten Standard LTO6 implementiert – also mit einer Datenrate von bis zu 160 MB/s Ultrium6-Kassetten mit einer Kapazität von bis zu 6,25 Terabyte beschreibt (bei 2,5:1-Komprimierung). Das ist mehr als doppelt soviel wie die 3 GB bei Ultrium 5, das 2010 marktreif wurde.

Magnetband klingt überholt, ist aber als energie- und platzsparender, trans-portabler Massenspeicher im Zeitalter von „Big Data“ relevanter denn je. Zumal dann, wenn es wie beim im Jahr 2000 ins Leben gerufenen Standard LTO mehrere Hersteller für Laufwerke und Medien gibt. LTO6-Laufwerke baut außer IBM wohl nur noch HP; beide beliefern aber OEM-Kunden wie Overland, Oracle/Storagetek, Quantum, Tandberg oder Spectra Logic. Ultrium-Medien kommen von IBM und dem Partner Fuji, Sony, HP, Quantum, TDK, Imation oder Maxell.

Die native Speicherkapazität wächst von 1,5 GB bei Ultrium5 auf jetzt 2,5 GB. Da die Kapazität wesentlich schneller wächst als die Datenrate mit gut 14 Prozent, dauert es auch wesentlich länger als bei Ultrium5, eine Ultrium6-Kassette komplett zu beschreiben. Deren Magnetband wird von IBM mit Bariumferrit beschichtet, das wesentlich dichtere Datensignale und eine bessere Error-Recovery als Ultrium5 erlaubt.

Mit dem Gen6-Format sind die 3 GB Speicherplatz auf der gleichen Band-länge (846 Meter) möglich. Der Schreib/Lesekopf, der das Band in 16 Spuren beschreibt, nutzt den quantenmechanischen GMR-Effekt (Giant Magneto Resistive, Riesenmagnetowiderstand). Weil HP vermutlich wie bei LTO5 Bänder mit klassischer Metallpartikelbeschichtung verwendet, wird es wohl sehr unterschiedliche Ultrium6-Medien geben. Die Schreib/Lesekompatibilität zwischen den Laufwerken unterschiedlicher Hersteller bleibt trotzdem gewahrt, weil LTO nicht das Bandmaterial, sondern das Datenformat beschreibt.

Das neue Laufwerk TS1060 (Maschinentyp 3588, Modell F6A) kommt am 9. November auf den Markt. Es ist für die Installation in der Bandbibliothek IBM TS3500 (Maschinentyp 3584, Modelle L53 oder D53) entworfen worden, deren Speicherkapazität mit LTO6 auf bis zu 1,8 Exabyte wächst. Ebenfalls möglich ist der Einsatz der neuen LTO6-Technologien in den älteren IBM 3584 Tape-Libraries und Erweiterungsmodulen L52, L32, D52 und D32.

Opens external link in new windowDer Listenpreis des TS1060 liegt mit 25.855 Dollar rund 8 Prozent über dem des Vorgängers der Generation 5. Dafür wächst die Datenrate um 14,3 Prozent, von 140 MB/s bei Ultrium5 auf 160 MB/s; die minimale Datenrate liegt wie schon bei Ultrium4/5 bei 40 MB/s. Bei komprimierten Daten schreibt bzw. liest das TS1060 bis zu 400 Megabyte pro Sekunde; die Datenrate zum Host kann sogar auf 745 MB/s geschraubt werden.

Speichern auf Magnetband ist also so schnell, dass manche Platte alt aussieht. Das Laufwerk kann auch deshalb in 14 unterschiedlichen Geschwindigkeiten betrieben werden, um möglichst nah an die vom Host gelieferte Datenrate zu kommen. Eine schnellere Mechanik (Bandgeschwindigkeit 10 m/s) verkürzt die Zeiten für die Lokalisierung von Daten auf dem Band sowie das Zurückspulen; der Unterschied zu LTO4 ist beträchtlich, nicht aber zu LTO5 (9 m/s).

Ebenfalls neu beim LTO-Bandlaufwerk sind ein Dual-Port-Anschluss an 8 Gbit/s schnelle Fibre Channels im Storage Area Network (SAN) und der auf 512 MB vergrößerte Cache. Wie bereits bei LTO5 werden Features wie das „Linear Tape File System“ (LTFS), Verschlüsselung und WORM-Medien unterstützt. Auch die Kompatibilität wird wie bei LTO üblich gehandhabt: Ultrium-5-Kassetten können mit den neuen LTO6-Laufwerken sowohl gelesen als auch beschrieben, Ultrium4-Cartridges nur gelesen werden – jeweils mit den LTO5- und LTO4-Geschwindigkeiten.

Entsprechende Host- und Treibersoftware vorausgesetzt, lässt sich das TS1060 an bestimmte Power Systems und das System i, aber auch an Mainframes, Unix/Linux- und Windows-Server unterschiedlichster Provenienz anschließen. Als erster Hersteller hat übrigens Crossroads Unterstützung für das neue LTO6-Laufwerk angekündigt – und zwar für die Readverify-Appliance (RVA), die als OEM-Produkt auch bei IBM erhältlich ist. RVA prüft und sichert die Integrität von Datenbeständen in Bandbibliotheken auf Basis der Technologie Linear Tape-Open (LTO), jetzt auch mit LTO6-Kassetten.

Mittlerweile hat mit Overland Storage der zweite Anbieter LTO6-Technologie angekündigt – und zwar für seine Bandbibliotheken der Neo-Familie. Er wirbt mit „unglaublich schnellen Datenraten von bis zu 1,4 Terabyte pro Stunde und Laufwerk“ für Backup und Recovery von Daten „in Lichtgeschwindigkeit“. Mit LTO6-Laufwerken lassen sich die Speicherkapazitäten der Neo-Bibliotheken auf 56 Terabyte bis 6,3 Petabyte aufstocken und 576 GB bis zu 35 TB Daten pro Stunde bewegen, verspricht der Hersteller. Die Produkte können sofort bestellt werden; über Preise und Liefertermine wird nichts gesagt.

Quelle: dv-dialog.de